Erbrecht 2014. Was Sie jetzt wissen sollten.

Erbrecht: Heute möchten wir uns das Thema (ver)erben annehmen. In Deutschland werden jährlich 360 Milliarden vererbt. Maderer Immobilien gibt hier einen kleinen Leitfaden wie Sie richtig beim erben vorgehen, egal ob Wohnung, Haus, Versicherungen oder Bargeld.

Ex-Partner hat Zugriff auf das Erbe?

Gesetz: an sich ist ein geschiedener Partner von der Erbschaft ausgeschlossen. Das gilt sogar schon, wenn die Scheidung läuft.

Das Problem: Wenn das gemeinsame, noch minderjährige Kind einen Elternteil beerbt, wird der andere Elternteil zum Vermögensverwalter und hat somit Zugriff auf das Geld.

Die Lösung: Um das zu verhindern, sollte schon im Testament ein naher Verwandter als Testamentsvollstrecker eingesetzt werden, der über das Vermögen wacht, bis das Kind volljährig ist.

Wer seine Eltern pflegt, erbt automatisch mehr?

Gesetz: Dem Kind eines Erblassers, das diesen in einer letzten Lebensphase gepflegt hat, steht ein höherer Erbteil zu als den übrigen Erben.

Erbrecht: Das Problem: Das Erbrecht sagt nicht, wie diese private Pflegeleistung bewertet werden soll. Juristen „leihen“ sich die Antwort daher aus dem Rentenrecht. Dort wir für private Pflege ein fiktives
Einkommen festgelegt.

Die Lösung: Aus den Formeln der Rentenversicherung ergeben sich angemessene Ansprüche für Erben. Und zwar für jeden Monat Pflegetätigkeit (jeweils mindestens 14 Stunden pro Woche) 718 Euro (Pflegestufe I), 958 Euro (Pflegestufe II) bzw. 1078 Euro (Pflegestufe III).
Auswirkung: nehmen wir mal an, eine Tochter pflegt ihren Vater (Pflegestufe III) über zwei Jahre hinweg, dann stehen ihr dafür 25.872 Euro (24X1078) zu. Diese Summe bekommen Sie ausgezahlt, bevor der Nachlass unter allen Erben aufgeteilt wird.

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Erbrecht: Kinder können vollständig enterbt werden?

Gesetz: Eltern können ihre Kinder per Testament enterben. Allerdings haben diese dann Anspruch auf den sogenannten Pflichtteil. Das ist die Hälfte dessen, was sie regulär geerbt hätten. Beispiel: Der Nachlass beträgt 100.000 Euro, die Ehefrau soll allein erben, das Kind nicht. Da diesem sonst 50.000 Euro zugestanden hätten, kann es im Fall der Enterbung 25.000 Euro von seiner Mutter fordern.

Erbrecht: Das Problem: Der Pflichtteil muss von den Erben an den Enterbten in bar ausgezahlt werden. Deshalb geraten Erben oft in finanzielle Schwierigkeiten, um die Summe für den Pflichtteil aufzubringen.

Die Lösung: Um die Erben davor zu bewahren, sollte der Erblasser schon zu Lebzeiten dem später Enterbten eine Abfindung anbieten und als Gegenleistung einen Vertrag auf Erbverzicht fordern. Solche Verträge, bei denen auch der Pflichtteilsanspruch verloren geht, müssen von einem Notar beglaubigt sein.

Sonderregel: Kindern kann nur dann der Pflichtteil genommen werden, wenn sie ein Verbrechen gegen ihre Eltern begangen haben oder eine andere Straftat, für die sie zu einer mindestens zwölfmonatigen Haftstrafe verurteilt wurden.

Erbrecht: Ein Trick lässt ungeliebte Erben leer ausgehen.

Gesetz: Ohne Ehevertrag leben Eheleute in einer Zugewinngemeinschaft. Das bedeutet: Was mit in die gebracht wurde, gehört jeden bis zum Lebensende allein. Erhöht sich aber während der Ehe der Wert (z.B. durch Zinsen) gehört dieser „Zugewinn“ beiden Partnern. Für seinen Anteil daran steht dem überlebenden Partner eine Ausgleichszahlung zu, bevor der Nachlass unter allen Erben aufgeteilt wird. Dafür wird ein Viertel des Nachlasswertes angesetzt.

Das Problem: Niemand überprüft, ob dieses Viertel dem tatsächlichen Zugewinn entspricht. Deshalb erben viele Ehepartner zu wenig, die anderen erben zu viel.

Lösung: Die Eheleute können einen notariellen Ehevertrag schließen und Gütertrennung vereinbaren. Der bereits angehäufte Zugewinn muss dann sofort aufgeteilt werden, also lange vor dem Erbfall. Diese Vermögensübertragung ist steuerfrei. Nachdem das geschehen ist, wechseln die Eheleute wieder zurück in den gesetzlichen Güterstand,

Erbe ausschlagen, Pflichtteil trotzdem bekommen?

Gesetz: Ehepartner, die im gesetzlichen Güterstand (Zugewinngemeinschaft, s. voriger Punkt) gelebt haben, können das Erbe ausschlagen und trotzdem ihren Pflichtteil verlangen.

Erbrecht: Das Problem: Weil der überlebende Ehegatte grundsätzlich einen Zugewinnausgleich (ein Viertel des Nachlasses) erhält, bevor der Nachlass verteilt wird, ist die Erbmasse eventuell so klein, dass sie sich nicht lohnt.

Die Lösung: In dem Fall sollte der überlebende Ehegatte die Erbschaft ausschlagen. Das lohnt sich immer dann, wenn in Laufe der Jahre ein sehr großer Zugewinn erzielt wurde.

Patchwork Kinder erben nicht?

Gesetz: Nur die leiblichen Kinder des Verstorbenen erben. Stiefkinder aber nicht. Selbst uneheliche geborene Kinder, die beim anderen Elternteil leben, erben allein aufgrund ihrer biologischen Abstammung.

Das Problem: In Patchwork Familien gehen die Kinder des Partners leer aus.
Die Lösung: Entweder der Erblasser bedenkt seine Stiefkinder im Testament oder er adoptiert sie. Denn dann rutschen sie automatisch in die gesetzliche Erbfolge.
Erbrecht: Schenkungen können nachträglich teuer werden

Gesetz: Statt sie zu vererben, dürfen Vermögenswerte auch schon zu Lebzeiten verschenkt werden. Das hat den Vorteil, dass der Beschenkte zweimal seinen Steuerfreibetrag nutzen kann. Ehepartner z.B. haben 500.00, Kinder 400.000, Enkel 200.000 Euro, die sie als Beschenkter und später als Erbe nicht versteuern müssen.

Problem: Was zu Lebzeiten verschenkt wurde, fehlt im Nachlass. Und dafür können Erben mit Pflichtteilsanspruch (Nachkommen, Eltern und Ehepartner des Verstorbenen) eine Ausgleichszahlung verlangen. Juristen nennen das Pflichteilergänzungsanspruch. Zahlen muss der Beschenkte.

Lösung: Je länger die Schenkung zurückliegt, desto weniger muss er zahlen, für jedes Jahr, das die Schenkung bereits zurückliegt, werden von deren Wert zehn Prozent abgezogen. Nach zehn Jahren können die Erben also kein Geld mehr verlangen.

Die Lebensversicherung gerät schnell in falsche Hände

Gesetz: Wird eine Lebensversicherung fällig, bekommt das Geld immer, wer als Begünstigter in der Police eingetragen ist. Steht kein Name darin, fällt die Auszahlung den Erben zu.

Das Problem: Die Erben können gegenüber der Versicherung die Auszahlung an den Begünstigten verhindern, wenn der nicht nachweisen kann, dass er von der Police wusste (BGH: IV ZR 238/06) und solange das Geld noch nicht ausgezahlt ist.

Die Lösung: Die Erben und auch der Begünstigte müssen schnellstmöglich den Nachlass sichten und sich mit der Versicherung in Verbindung setzen, um ihr Recht zu sichern. Wer das als Erblasser verhindern will, händigt die Police am besten dem Begünstigten aus. Dann wissen die anderen Erben nichts davon.

Erben haften für Schulden?

Gesetz: Mit der Erbschaft übernimmt der Erbe Rechte und Pflichten des Verstorbenen.

Das Problem: Grundsätzlich haften Erben auch für die Schulden unbeschränkt und sogar mit dem eigenen Vermögen. Gläubiger müssen sich übrigens nicht an die Erbengemeinschaft halten: Sie können sich irgendeinen Erben aussuchen und ihre gesamte Forderung gegen ihn durchsetzen.

Die Lösung: Erben können ihr Vermögen mit zwei Maßnahmen retten. Entweder sie schlagen das erbe aus – dass muss innerhalb von sechs Wochen geschehe, nachdem man vom Erbfall erfahren hat (zuständig ist das Nachlassgericht am letzten Wohnort des Erblassers). Oder man lässt vom
Gericht eine Nachlassverwaltung anordnen. Dann bleibt das eigene Vermögen vor Zugriffen sicher.

Erbschein – ein Formular mit Tücken

Gesetz: Wer beim Nachlassgericht einen Erbschein ausstellen lässt, hat damit das Erbe angenommen. Eine nachträgliche Ausschlagung ist unmöglich.

Das Problem: Oft wissen die Erben zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht, ob der Nachlass überschuldet ist. Aber um das festzustellen, wird ausgerechnet der Erbschein benötigt. Ohne Nachweis geben Banken keinen Einblick in das Konto des Verstorbenen.

Die Lösung: Laut BGH (XI ZR 401/12) müssen Banken auch ein Testament oder einen Erbvertrag als Legitimierung akzeptieren. Ohne jedes Dokument kommt der Erbe nicht ans Konto.

Wichtig: Am besten gibt der Erblasser zu Lebenszeiten einem Vertrauten Kontovollmacht, z.B. dem, der Testamentsvollstrecker sein soll.

Die sechs riskantesten Fehler beim Erben

Fehler 1: Das Testament zu Hause aufbewahren. Wie viele Testamente verschwinden, weil sie dem Finder nicht behagen, weiß niemand. Experten raten deshalb dringend, das Testament beim Nachlassgericht oder beim Rechtsanwalt zu hinterlegen.

Fehler 2: Keinen Ersatzerben bestimmen. Den Begriff „Ersatzerben“ kennen viele gar nicht. Dabei ist der so wichtig: Denn wer erbt als nächster, wenn ein im Testament eingesetzter Erbe selbst nicht mehr lebt? Per Gesetz dessen Kinder. Wenn die nicht erben sollen, muss ein Ersatzerbe im Testament stehen.

Fehler 3: Pflichtteil nicht einfordern. In vielen Familien wollen die Kinder den überlebenden Elternteil finanziell nicht überlasten, und fordern ihren Pflichtteil nicht sofort. Was viele nicht wissen: Dieser Anspruch verjährt nach drei Jahren.

Fehler 4: Erbvertrag statt Testament: Viele versprechen z.B. einen Freund in einem Erbvertrag, dass er erben soll. Zerbricht aber die Freundschaft, lässt sich der Erbvertrag nicht rückgängig machen. Ein Testament dagegen kann jederzeit geändert werden.

Fehler 5: Nicht mit den Erben sprechen. Wer nicht mit seinen zukünftigen Erben spricht, sondern in seinem Testament zum Beispiel den Wunsch nach einer Seebestattung festhält, ist womöglich bestattet, bevor das Testament gefunden wird.

Fehler 6: Keine Inventarliste führen. In vielen Fällen werden Nachlassgegenstände (z.B. Oldtimer-Autos) nicht gefunden, weil niemand weiß, wo sie lagern. Ein Verzeichnis verhindert das.

  1. Oktober 2015
  Kategorie: Immobilien Allgemein

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